Humboldt-Universität zu Berlin - Medienwissenschaft

Kolloquium

Simon Ritter: "Diskursmaschinen? Von twitternden Social Bots" (Master-Arbeit)

  • Wann 11.01.2017 von 18:00 bis 20:00
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Digitale Dreckschleudern nannte sie der Spiegel und die FAZ sprach von automatisiertem Hass – derzeit schlägt sich auch in der Mainstreampresse die Diskussion um millionenfach verbreitete Social Bots nieder. Diesen Programmen, die beispielsweise auf Twitter oder Facebook Beiträge veröffentlichen wird unterstellt, dass sie durch ihre Postings großen Einfluss auf öffentliche Debatten haben, gar Konflikte anheizen und Wahlen manipulieren können. Die derzeit noch oft verwendeten – recht simpel funktionierenden – Social Bots setzten dabei automatisch vorprogrammierte Antworten auf ebenfalls vorher spezifizierte Hashtags und Accounts. Man könne davon ausgehen, dass bis zu 20 Prozent der Accounts bei Twitter keine Menschen repräsentieren, sondern sich Bots als Menschen ausgeben – und dies oftmals verschleiern, so Prof. Hegelich von der TU München. Vom Ukrainekonflikt über den Brexit bis zur US-Wahl, so zeigen diverse Studien, war Kommunikation in den sozialen Netzwerken, vor allem bei Twitter, beeinflusst durch die Aktivität von Bots. 

 
Obwohl die Auswirkungen des Bot-Einsatzes auf das Abstimmungs- oder Wahlverhalten von Bürgern nach Howard und Kollanyi noch nicht geklärt ist wird deutlich, dass Bots den politischen Diskurs im Sinne Habermas’ – also idealiter hierarchiefrei zur Aushandlung, Vermittlung und Legitimierung von Politik – massiv unterlaufen. Hoffnungen auf eine digitale Agora zerschlagen sich. Vielmehr scheinen Bots aber substanziell den Diskurs im Sinne Foucaults zu beeinflussen.
 
Meine Masterarbeit soll der Frage nachgehen, inwiefern Twittbots demnach nicht-diskursives Dispositiv sind, das auf den Diskurs wirkt, oder ob die Software eine neue Qualität erreicht. Sind Social Bots also bereits eigenständige Diskursteilnehmer oder könnten sie es werden, sozusagen Diskursmaschinen? Und weitergedacht: Können Bots dazu dienen, staatskybernetisch die Gesellschaft zu steuern? Dazu soll die Funktionsweise demonstriert und der derzeit volatile Forschungsstand abgebildet werden.
Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Zhong Lu: "Eye-Tracking als eine physiologische Fortsetzung der Bildtheorien." (Master-Arbeit)

Zhong Lu: "Eye-Tracking als eine physiologische Fortsetzung der Bildtheorien." (Master-Arbeit)

  • Wann 18.01.2017 von 18:00 bis 20:00
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Das Auge ist das Fenster der menschlichen Seele.

 
Die gemeinsamen Gedanken über das Sehen vom Osten und Westen heben hervor, was für eine beachtliche Rolle das Auge sowie die damit verbundene Wahrnehmung spielen. Unsere Augen bilden zusammen mit dem interpretierenden Gehirn unser wichtigstes Sinnesorgan. Etwa 70 Prozent der Umweltinformationen, die in unser inneres Abbild der Umwelt einfließen, sind visueller Art. Etwa 50 Prozent des Gehirns sind in den Sehprozess involviert. Die Bedeutung der visuellen Wahrnehmung liegt damit auf der Hand.
 
In Medien, Kunst- und Kulturwissenschaften überschwemmen zahlreiche Analysen der Kunstwerke. Allerdings existieren standardisierte Rahmen nur zur Film-, Literatur-, Fernseh- und Popmusikanalysen. Für die Bildanalyse fehlt immer noch ein ausgefeiltes Paradigma, insbesondere mit objektiven technischen Methoden. Dazu kann die Technik Eye-Tracking als eine der repräsentativsten Vorgehensweisen zur Bildanalyse dienen und die herkömmlichen Bildtheorien prüfen. 
 
Diese Master-Arbeit zielt darauf, aus theoretischer, technischer und praktischer Perspektive die Rolle des Eye-Tracking, als eine physiologische Fortsetzung der Bildtheorien, zu demonstrieren. 

HUMAN UPGRADE / BRIGHTER THAN A THOUSAND SUNS

  • Wann 08.02.2017 von 18:00 bis 20:00
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Am 8.2.17 stellt die Künstlerin Susanna Hertrich ihre Arbeiten und Projekte vor, die sich an den Schnittstellen von Kunst, Technologie und Körpern bewegen und Medien als „extensions of man“ im mehrfachen Sinne wörtlich nehmen.

 
 
Susanna Hertrich lebt und arbeitet in Berlin und Basel. Sie hat in London, Düsseldorf und der Tokio studiert und 2008 den Master Abschluss des Royal Collage of Art in London erhalten. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt u. a. im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, Haus der Kulturen der Welt (Berlin), Marta Herford, CAFA Art Museum (Peking), EMAF European Media Art Festival (Osnabrück), NODE Digital Arts Forum (Frankfurt) und EMPAC (Troy, New York). Ihre Arbeiten sind in namhaften Publikationen erschienen, zuletzt in «Climates: Architecture and the Planetary Imaginary» Hrsg. Columbia Books on Architecture, Columbia University (Lars Müller Verlag, Zürich). Susanna Hertrich hat mehrere internationale Stipendien erhalten und an Künstlerresidenzen teilgenommen, der letzte Gastaufenthalt war 2015 an der Villa Kamogawa des Goethe Instituts in Kyoto.
Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit ist Susanna Hertrich als Research Associate am Institut Experimentelle Design- und Medienkulturen der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW tätig, wo sie zusammen mit Shintaro Miyazaki, das vom SNF geförderte künstlerische Forschungsprojekt «Sensorium des Animalischen» durchführt. 

www.susannahertrich.com
 

 

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Xiyue Wang: "VR: Vervollständigung oder Beendigung des Mythos vom totalen Film." (Master-Arbeit)

Xiyue Wang: "VR: Vervollständigung oder Beendigung des Mythos vom totalen Film." (Master-Arbeit)

  • Wann 15.02.2017 von 18:00 bis 20:00
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VR: Vervollständigung oder Beendigung des Mythos vom totalen Film.

Diskussion über das Verhältnis zwischen Realität und Film.

 

Seit seiner Geburt an ist der Film eng mit dem Begriff der „Realität“ verbunden. 1946 schlug Bazin den „Mythos vom totalen Film“ vor. Das Konzept des Films und die intakte Reproduktion der Wirklichkeit ist gleich: ein gesundes, farbiges, dreidimensionales Gefühl der äußeren Welt darzustellen. Tatsächlich entwickelt sich der Film auch in Richtung der Bazin Theorie vorwärts. Seitdem Ton und Farbe in Filmen verwendet werden, gibt es dank digitaler Technologie viele Möglichkeiten, um digitale Filme, 3D-Filme oder IMAX und sogar VR-Filme zu produzieren. Heutzutage scheint die digitale virtuelle Technologie jeden Film zu durchdringen, hat aber zeitgleich auch einen starken Einfluss auf die traditionelle Theorie des Filmrealismus. Der Zusammenhang zwischen Bildern und Realität ist voneinander losgelöst. Das Indexikalität des fotographischen Bildes ist vollständig gescheitert. Die Authentizität des Films muss unter den heutigen Bedingungen erneut überdacht werden.

Diese Arbeit beginnt zunächst mit dem Verhältnis von Realität und Film im Zeitraum der analogen Bildaufzeichnung. Basierend auf den Veränderungen und Auswirkungen, welche die digitale Technologie im laufe der Zeit für den Film mitgebracht hat, untersucht meine Arbeit die mögliche Inszenierung des VR-Films. Im kommenden Zeitalter stellt sich die Frage dem Film, wie er mit Hilfe der VR-Technologie die grundlegenden Veränderungen der Wahrnehmung filmisch reflektieren könnte. Der Film steht hier vor der Aufgabe, seine Verhältnis zur Realität erneut zu überdenken. Die Arbeit konzentriert sich schließlich auf die Fragestellung, ob „das Mythos vom totalen Film“ im VR-Zeitalter vervollständigt, beendet oder sogar zerstört würde.

 

 

Anne Kølbæk Iversen: Migratory Memories (Vortrag)

  • Wann 26.04.2017 von 18:00 bis 20:00
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I will present a reading of contemporary art works dealing with issues of memory with special attention to instances of migration.   

I am interested in the term migration because of its flexibility, describing at the same time the movement of physical objects, animals, humans, and of immaterial information or data from one location to another. It is said that migration has defined our age, perhaps more than any other single issue in the twentieth and twenty-first centuries, which have been characterised by prolonged global mobility on a massive scale.

In our age of mobility, the practices of the archive, whose important task is to categorise and store materials in the right place, are undergoing change, whether institutionally, hermeneutically or technically. Arjun Appadurai has commented that moving images meet mobile audiences, following up this statement with his idea of diasporic archives:

“The newer forms of electronic archiving restore the deep link of the archive to popular memory and its practices, returning to the non-official actor the capability to choose the way in which traces and documents shall be formed into archives, whether at the level of the family, the neighbourhood, the community or other sorts of groupings outside the demography of the state.”( Arjun Appadurai, “Archive and Aspiration,” in Joke Brouwer & Arjen Mulder, Information is Alive (Rotterdam: V2/NAI 2002), p.18.)

 

When Danish artist, Katrine Dirckinck-Holmfeld looked into the archive of Armenian-Egyptian

photographer Armand, and was confronted with the many transformations and layers of information that had been put together, she realised that she could not just turn to ‘the thing itself’, to what we might call the pure archive: “When I went to Cairo, I thought I was making a film about memory, retrieving the memory of Philippe [son of Armand], but also of a whole period in Egypt's history, which to a certain extent is unavailable to the present. But it occurred to me that the project was becoming less about memory as storage, with or without access, but rather about memory as a process of re-materialization and migration.” (Katrine Dirckinck-Holmfeld, Time in the Making. Rehearsing Reparative Critical Practices, Ph.D.

Thesis (Copenhagen: University of Copenhagen, 2015), p.19.)

 

Wolfgang Ernst coins the term dynarchive to denote the condition of permanent change, constant updating and migration of contents in digital collections. He suggests that through the acceleration of data-storage and data-migration in the digital technologies (hardware and software) the traditional spatial and temporal difference between the archive and the present is erased. (Wolfgang Ernst, “Temporalizing the Present and Archiving Presence. The Impact of Time-Critical Media Technologies,” lecture given at Concordia University, Montreal (Canada), 2014.) 

I would like to inquire into how memory is addressed and produced within contemporary arts practices under these conditions of migration.

 

 

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Jan Claas van Treeck: "Um-zu"/"If-then". Annäherung an zwei polare Medienkulturen (Vortrag)

Jan Claas van Treeck: "Um-zu"/"If-then". Annäherung an zwei polare Medienkulturen (Vortrag)

  • Wann 03.05.2017 von 18:00 bis 20:00
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Die allumfassende Digitalisierung aller Lebensbereiche stellt die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Medium aufs Neue und erzwingt so "Fragen auf die Antworten, die längst gegeben sind". Vorgestellt werden sollen zwei Pole einer (medien)kulturellen Bewertung und eines Umgangs mit dem "Digital Contemporary Now".

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Samir Bhowmik: Deep Time of the Museum / The Materiality of Media Infrastructures (Vortrag)

Samir Bhowmik: Deep Time of the Museum / The Materiality of Media Infrastructures (Vortrag)

  • Wann 10.05.2017 von 18:00 bis 20:00
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Beyond artifacts, vitrines and dioramas, non-human mediations in the form of screens, archives, and algorithms play a significant role today in museums and memory institutions. The museum as such stands transformed into a media infrastructure for information processing. Increasingly it depends on sophisticated technological systems and expertise, resulting in the blackboxing of its various components. Not only the museum turns energy-intensive and resource-dependent, but also its mediating role becomes difficult to measure. How can museums sustain in an age of increasing black-boxed media technologies, obsolescence and toxic waste? 

 
The study traces these challenges by an archaeology of the museum as a media infrastructure. It seeks to understand the museum in historical terms as well as technological terms its energetic and material entanglements with media technologies. Two experimental design interventions within and beyond the museum walls are presented that explore novel ecological media infrastructures and operative methods. Finally, a design framework is synthesized that provides guidelines for museums and their user communities toward shaping an ecological institution.

Alfredo Thiermann: Radio-Activities (Vortrag)

  • Wann 07.06.2017 von 18:00 bis 20:00
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In 1945 Soviet occupation troops made two important moves in German territory: first was to dismantle the tallest structure standing in Europe, the Deutschlandsender III radio transmission tower; second was to occupy the monumental building designed by Hans Poelzig —Haus des Rundfunks— in Charlottenburg, West Berlin. Symbolically and technically important, these two maneuvers served as the prolegomenon of the forthcoming radio or ethereal war between the Eastern and the Western Block during the cold war. The proposed research intends to study precisely the dialectically opposed and highly material face of this ethereal war. Put differently, I propose to research the buildings, walls, transmission towers, factories and media industries, and territorial organizations that made possible the production, reproduction, and broadcasting of politically-loaded media content across the Iron Curtain. A material understanding of Berlin’s radio-apparatus during this specific period (1945-1989) will likely reveal under-researched continuities between politics, technology, the media, and architecture, helping to reframe notions of performance, functionality, and monumentality. At the same time, it will question the role of the building –and the wall— in the age where the historic solidity of architecture was radically challenged by the entangled development of technology, politics, and media-industry taking the form of an ethereal medium. And by doing so, it projects the same question to our days, asking for the status of the building in our increasingly hyper-connected, and apparently ubiquitous and invisible presence.

Owen Mundy: Stasi / Facebook / Big Data (Vortrag)

  • Wann 14.06.2017 von 18:00 bis 20:00
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Owen Mundy’s project in Berlin examines how the technological inventions of the East German Ministry for State Security preempt Facebook, the NSA, and the world of Big Data. To this end, he is working at the Stasi Archives, researching the analog devices of the Stasi to lend insight into the methods implemented today as software by social media, advertising groups, and intelligence agencies in the service of domestic surveillance, censorship, and surveillance capitalism.

 
Owen Mundy is a researcher and technologist who investigates public space, information privacy, and big data. Recent work includes mobile and web-based apps and visualizations like illuminus.io, a research-based personality and risk analysis tool which appeared in the Peabody-awarded web documentary Do Not Track; the online viral big data visualization, I Know Where Your Cat Lives, which mapped seven million images tagged with #cat using the locations in the metadata users unknowingly uploaded to social media; and Give Me My Data, a tool that helped users export their data back out of Facebook. His work has been covered in The New York Times, The Atlantic, Time Magazine, NPR, and Wired Magazine and exhibited in multiple museums and galleries in New York, Berlin, Los Angeles, Rotterdam, and Mexico City.
Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Daniel Stoecker: Techniken des Verbergens. Eine Medientheoretische Betrachtung von User Interfaces. (Master-Arbeit)

Daniel Stoecker: Techniken des Verbergens. Eine Medientheoretische Betrachtung von User Interfaces. (Master-Arbeit)

  • Wann 21.06.2017 von 18:00 bis 20:00
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Techniken des Verbergens. Eine Medientheoretische Betrachtung von User Interfaces

Während einerseits Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität von Computern exponentiell zunehmen und dadurch komplexere digitale Prozesse in immer kürzerer Zeit vollzogen werden können, stehen andererseits immer mehr Menschen in regelmäßiger Interaktion mit Computern ohne die Funktionsweise der zugrundeliegenden Hardware für den alltäglichen Gebrauch verstehen zu müssen. Das technische Medium Computer verschwindet im Vollzug aus der Aufmerksamkeit seines Benutzers, der sich nur noch mit Oberflächeneffekten, oder: User Interfaces, befasst. „Blendwerk werden die Sinne und der Sinn.“ schreibt Kittler in der Einleitung zu Grammophon / Film / Typewriter. An dieser Stelle setzt Medientheorie „als Ort der Reflexion dieses Verborgenen“ (Wolfgang Ernst) ein.

In meiner anstehenden Masterarbeit möchte ich jenes Verbergen des Mediums Computer durch User Interfaces in der Human-Computer-Interaction (HCI) medientheoretisch beschreiben. Dazu sollen neben einer Arbeit am Begriff des (User) Interfaces zwei Paradigmen digitaler User Interfaces beschrieben werden. Das erste bezieht sich auf die Reduktion von Komplexität über vereinfachte Benutzerschnittstellen. Schichten von Softwarehierarchien und ergonomische Eingabegeräte stellen eine Distanz zwischen Benutzer und Hardware her, verborgen hinter Ästhetisierung und Limitierung der Handlungsmöglichkeiten. Das zweite Paradigma betrifft das (scheinbare) Verschwinden des Interfaces bzw. „die Interfacewerdung von Welt“ (Timo Kaerlein). Unter Bezeichnungen wie Smart Home, Internet of Things, Wearables, Ubiquitous Computing wird das Interface als Schnittstelle selbst verborgen und damit die Interaktion als solche unsichtbar gemacht. 

 

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Prof. Dr. Frank Scherbaum: Georgische Vokalpolyphonie: eine seismologische Annäherung (Vortrag)

Prof. Dr. Frank Scherbaum: Georgische Vokalpolyphonie: eine seismologische Annäherung (Vortrag)

  • Wann 28.06.2017 von 18:00 bis 20:00
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Der Potsdamer Geophysiker Prof. Dr. Frank Scherbaum beschäftigt sich seit langem mit den Gemeinsamkeiten von Seismologie und Musik(wissenschaft).  Als er vor einigen Jahren begann, sich als Sänger mit georgischer Vokalmusik zu beschäftigen, trieb ihn seine wissenschaftliche  Neugierde auf eine faszinierende Reise hinweg über Fachdisziplins- und Kulturgrenzen. Seine Präsentation ist ein sehr persönlicher Reisebericht in ein Forschungsgebiet, in welchem naturwissenschaftliche und musikwissenschaftliche Perspektiven sich nahtlos ergänzen. Frank Scherbaum wird demonstrieren, wie man mit Hilfe von seismologisch inspirierten Aufzeichnungen der  Körperschwingungen von Sängerinnen und Sängern musikethnologische Feldforschung und die Dokumentation mündlich überlieferter Vokalmusik verbessern kann. Dabei wird er Sie in die entlegene Bergwelt des Hohen Kaukasus entführen, wo mehrstimmige Vokalmusik noch  einen lebendigen Teil des Alltagslebens darstellt und wo 80-jährige Sänger wie Nationalhelden verehrt werden. Im Zentrum seines Forschungsinteresses stehen die archaischen Klänge Swanetiens, die von Musikwissenschaftlern als die älteste Schicht mehrstimmiger georgischer Vokalmusik gesehen werden. Im Rahmen seiner Präsentation wird er demonstrieren, wie man  mittels aus den Naturwissenschaften entlehnten  Analyse- und Visualisierungsverfahren etwas über die Struktur und Eigenschaften dieser 2001 zum Weltkulturerbe erklärten Musik lernen kann.

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Mira Georgieva: Die Zeitung und ihre Medienträger im historischen Vergleich. (Master-Arbeit)

Mira Georgieva: Die Zeitung und ihre Medienträger im historischen Vergleich. (Master-Arbeit)

  • Wann 05.07.2017 von 18:00 bis 20:00
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„Der Druck der Tageszeitung ist lediglich eine vorübergehende Erscheinungsform, die mit dem spezifischen Wesen der Zeitung nichts zu tun hat.“ (Brunhuber, Robert)

Die Behauptung in diesem Zitat würde vermuten lassen, dass es aus den letzten Jahren stammt, oder spätestens seit der Digitalisierung der Zeitungen. Doch es ist viel älter, nämlich aus dem Jahr 1907. Schon damals vor dem Computer- und Internet-Zeitalter hat der Zeitungsforscher Robert Brunhuber eine andere Erscheinungsform der Zeitung vermutet, die die Gedruckte ablösen könnte. Seine Aussage ist heutzutage relevanter denn je. Die klassische Print-Zeitung kämpft seit Jahren mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wobei dem Papier als sein Medienträger schon lange das Aussterben vorausgesagt wird. Ein amerikanischer Medienforscher Namens Philipp Meyer soll sogar das Jahr 2043 als Ende der Zeitung in gedruckter Form vorausgesagt haben. Es gibt auch positivere Szenarien, wie das vom BDZV-Präsident Helmut Heinen, der die Zeitung in gedruckter Form für Deutschland auch in 30 Jahren sieht, jedoch auch nur als Eliteprodukt für ein beschränktes Publikum. Diese Prophezeiungen kommen nicht unbegründet. Sie wurden auf Grund von sinkenden Auflagen, rücklaufenden Zahlen bei Zeitungsabonaments, sowie Senkungen bei den Werbeumsätze und den Reichweiten der Printzeitungen aufgestellt. Als Hauptgrund für diese Entwicklungen auf dem Zeitungsmarkt wird vor allem das Internet angesehen. Seine Evolution führte zu fundamentalen Veränderungen der Vorlieben und Handlungsweisen der Zeitungsrezipienten. Dies hatte zur Folge, dass Verlage ihr Angebot überdenken und schließlich erweitern mussten, womit die Online-Zeitung eingeführt wurde, um die technologischen Eigenschaften und Möglichkeiten des neuen Mediums nutzen zu können und den veränderten Bedingungen am Rezipientenmarkt gerecht zu werden.

Zwar wurde das Rieplsche Gesetz, welches besagt, dass kein Medium, das neu eingetreten und höher entwickelt ist, ein altes Medium ersetzen kann noch nicht widerlegt, doch mit dem Internet ist die Zeitung in gedruckter Form einer ernstzunehmenden Gefahr und einer großen Herausforderung ausgesetzt. Die Frage, die sich stellt, falls die gedruckte Zeitung aussterben sollte ist, ob bei der Online-Zeitung noch vom klassischen Begriff der Zeitung die Rede sein kann, oder wird somit das Rieplsche Gesetzt widerlegt werden?

Wie die technische Entwicklung und besonders das neue Medium Internet die Zeitung beeinflusst und verändert hat stellt den Kern meiner Arbeit. Es soll der Frage nachgegangen werden, wie sich das Produkt Zeitung auf Grund der Entwicklung und Eigenschaften seiner Medienträger geändert hat und ob bei der Online-Zeitung noch von dem klassischen Begriff der Zeitung die Rede sein kann? 

 

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Oskar Krause: Getaktete Bilder – Strukturanalyse des analogen und des digitalen Comics (Master-Arbeit)

Oskar Krause: Getaktete Bilder – Strukturanalyse des analogen und des digitalen Comics (Master-Arbeit)

  • Wann 12.07.2017 von 18:00 bis 20:00
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Es ist die Aufgabe der Medienwissenschaft, auf Leerstellen zu verweisen und eine solche Leerstelle bildet die Auseinandersetzung mit dem Comic im akademischen Diskurs. Deshalb gibt es bis dato auch noch keine kanonisierte wissenschaftliche Definition des Comics. Und weil die Digitalisierung unsere gegenwärtige Lage bestimmt, macht sich der digitale Comic gleichermaßen zum Thema. Es ist das Anliegen der Arbeit, einen medienwissenschaftlichen Beitrag zu der Frage zu liefern, was der Comic eigentlich ist. Dies erfolgt aus der Perspektive der hiesigen Berliner Medienwissenschaft, die den Anspruch mitbringt, hinter den Inhalt, auf das Medium selbst zu schauen. Dabei gliedert sich die Arbeit in zwei Teile: Während im ersten Teil eine Definition des analogen Comics erarbeitet werden soll – wird diese Definition im zweiten Teil dem digitalen Pendant gegenübergestellt. Denn durch die Analyse des Ursprungsformats lassen sich die entscheidenden Fragen an das neue Format überhaupt erst stellen. Es wird die Position vertreten, dass, ganz im Sinne McLuhans „The medium is the message“, das Trägermedium die Eigenschaften seiner Inhalte bestimmt. Das führt zu der Grundannahme, dass sich die Charakteristika des Comics durch den Computer als Trägermedium neu formieren. 

 

 

Peter Schuster: Das Werkezug als Institution (Master-Arbeit)

  • Wann 19.07.2017 von 18:00 bis 20:00
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Populäre Wahrsager wie Ray Kurzweil prophezeien heute ein Morgen, in dem die Maschinen sich vollends von uns loslösen, sich nicht mehr für uns interessieren werden. In Gegenwart solcher posthumanistischen Vorhersagen erscheinen jene Artefakte, die ich in meiner Masterarbeit vornehmlich meine, wie Relikte einer vergangenen Zeit: Werkzeuge, wie etwa der Hammer, die Schreibfeder, das Linsenteleskop. Während zukünftige Maschinen als vollständig autonom und jenseits menschlicher Einsicht gedacht werden, gelten Werkzeuge als bloße Mittel für unsere Zwecke, in einer Verwendungsweise gar als „Marionette[n]“, als „willenslose Geschöpf[e]“ (Duden). Weil zu einer derartigen Perspektive auf von uns hervorgebrachtes „Zeug“ (Heidegger) ein entsprechender Blick auf seine Erschaffer gehört, werden hinsichtlich des Werkzeug-Mensch-Verhältnisses die medienanthropologischen Entwürfe Ernst Kapps, Arnold Gehlens sowie Marshall McLuhans Thema sein. Sie werden vor allem auf ihre Anschlussfähigkeit an den ersten Teil der Fragestellung meiner Arbeit hin geprüft, inwiefern Werkzeuge institutionelles Potenzial bergen. Hierfür ist dem vorwiegend aus der Soziologie stammenden Institutionsbegriff nachzuspüren und ihn für die Betrachtung fruchtbar zu machen. Weiterhin werde ich der Frage nachgehen, wie Werkzeuge ihre institutionelle Wirkmacht geltend machen. Meines Erachtens eignet sich hierfür das Konzept der Adaption, für das sich der Entwicklungspsychologe Jean Piaget verantwortlich zeichnet. Abschließend werden Ideen für eine Erweiterung der Fragestellung bzw. für einen Ausblick vorgestellt."

 

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Jonathan Stern: Time-Uncritical Media. Stretching and Shrinking Sound in the 1940s (Vortrag)

Jonathan Stern: Time-Uncritical Media. Stretching and Shrinking Sound in the 1940s (Vortrag)

  • Wann 25.10.2017 von 18:00 bis 20:00
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Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Peter Kückens: Also sprach der Computer – Zur Bedeutung der Sprache für die Subjektivierung und Mechanisierung in der Mensch-Computer-Symbiose (Masterarbeit)

Peter Kückens: Also sprach der Computer – Zur Bedeutung der Sprache für die Subjektivierung und Mechanisierung in der Mensch-Computer-Symbiose (Masterarbeit)

  • Wann 01.11.2017 von 18:00 bis 20:00
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1960 beschreibt der US-amerikanische Psychologe und Informatiker J.C.R. Licklider die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine als Symbiose, die weit über den ursprünglichen Werkzeugstatus des Computers hinaus geht. Die Mensch-Computer-Symbiose setzt zahlreiche, zur damaligen Zeit unmögliche technologische Entwicklungen voraus, allen voran eine natürlich-sprachliche Kommunikation zwischen Mensch und Computer. Diese scheint im Rahmen modernster und vermeintlicher Audiogeräte wie Amazon EchoGoogle Home und Apple HomePod bereits zu existieren. Die display- und tastaturlosen  Kleincomputer reagieren (abgesehen von der Einrichtung) ausschließlich auf gesprochene Sprache, werden durch namentliche Ansprache aktiviert und verfügen, anstelle von Programmen oder Applikationen, über Skills und Experiences.

Neben der Metaphorik der Bezeichnungen ist es vor allem die sprachliche Interaktion, die zwei Prozesse hervorruft: Eine Subjektivierung der Technologie sowie eine Offenlegung der Mechanik des menschlichen Subjekts durch Mechanisierung der Sprache. Diese zwei Entwicklungen begründen sich im Strukturalismus, in der Kybernetik sowie in der Philosophie Bergsons und Derridas. Besonders eignen sich jedoch die Werke von Gilles Deleuze und Felix Guattari, deren Assemblage-Begriff das Verständnis des Computers als Werkzeug ablehnt und gleichzeitig psychologische Aspekte in die Symbiose einbringt. Die Betrachtung der Symbiose als ebenjene Assemblage dient also der Analyse der möglichen Effekte und Affekte einer natürlich-sprachlichen Mensch-Computer-Kommunikation.

Die Untersuchung der zwei Prozesse beginnt mit den ersten Sprach-Maschinen, tastet sich entlang der Phonographie, Diskretisierung und Computer-Metapher,  besucht die Künstliche Intelligenz und das Uncanny Valley und mündet schließlich in Bergsons Vitalité und Deleuze und Guattaris Wunschmaschine. Ziel der Forschung ist es, die externalisierte und deterritorialisierte Sprache als Komponente der Mensch-Computer-Symbiose zu betrachten und die subjektivierenden und mechanisierenden Auswirkungen der natürlich-sprachlichen Computerinteraktion und deren mögliche Folgen im Rahmen der Assemblage-Theorie in Betracht zu ziehen.

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Mara Mills: Speed Listening by Blind Readers and the History of Audio Time Compression (Vortrag)

Mara Mills: Speed Listening by Blind Readers and the History of Audio Time Compression (Vortrag)

  • Wann 08.11.2017 von 18:00 bis 20:00
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Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Matthias Zoeller: Humanize in Musikproduktionsprogrammen (DAWS) - ein psychoakustischer und systemtheoretischer Zugang (Vortrag)

Matthias Zoeller: Humanize in Musikproduktionsprogrammen (DAWS) - ein psychoakustischer und systemtheoretischer Zugang (Vortrag)

Humanize in DAWs, microtiming, comparison experiment, uncertainty relations
  • Wann 15.11.2017 von 18:00 bis 20:00
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Es wird ein neu entwickeltes Humanize-Modul vorgestellt und in einen theoretischen Kontext eingeordnet. 

Die meisten hardware- und softwarebasierten Rhythmusmaschinen sind mit einer „Humanizefunktion“ versehen, die die metrisch exakten Schläge mit algorithmisch erzeugten Mikroverschiebungen versieht, um dem Rhythmus kleinste Variationen des Timings, denen auch ein professioneller Schlagzeuger unterliegt, zu überlagern und damit einen „menschlichen Faktor“ zu simulieren.

Das dem im Kolloquium vorgestellten Humanize–Modul zugrunde gelegte Verfahren verwendet im Unterschied zu den gängigen auf algorithmisch erzeugtem Zufall und `swingen lassen´ (d.h. Verschieben von Tonereignissen in Richtung auf einen voreinstellbaren Triolenwert) basierenden Modulen Kenngrößen bzw. Deskriptoren eines diskreten MIDI– oder Audiomusiksignals zur Berechnung der Größe von zeitlichen Verschiebungen (`event–shifts´, Bilmes, 1992). Die auf drei Zeitskalen (Makro–, Meso– und Mikroskala) berechneten Parameter werden zu Bulk–Parametern zur Berechnung der Größe der Verschiebungen zusammengefasst. Das Verfahren bezieht Theorien aus den Kognitionswissenschaften, Music Information Retrieval und systemtheoretische oder der Systemtheorie verwandte Ansätze ein, um die Humanizefunktion in einem Musikproduktionsprogramm oder verwandten Anwendungen mit dem Ziel `größerer Musikalität´ zu optimieren.

 

Humanize in music production programmes (DAWS) - a psycho-acoustic and system theoretic approach

A new humanize module for music production programmes (DAWs) will be introduced and placed in a psycho acoustic and system theoretical context.

 

 

Manuel Günther: Ökosystem Software (Vortrag)

  • Wann 22.11.2017 von 18:00 bis 20:00
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Im Zuge des aktuellen Diskurses um Klimakatastrophe und Umweltschutz
werden gegenwärtig auch Repräsentationen und Funktionen von „Umwelt“ in
kulturellen Artefakten untersucht. Die Methode des „Ecocriticism“
untersucht unter anderem Texte, Filme und Computerspiele auf ihre
Beziehung zu dem, was die Umwelt oder das Ökosystem genannt wird.
Umwelt, die im Sinne eines „natürlichen“ Ökosystems in Computerspielen
behauptet wird, ist indessen kein unerhörtes Phänomen, sondern in Titeln
wie „Balance of The Planet“, „Global Effect“ oder „Sim Earth“ bereits
zentriert, in vielen Simulationen wie „Sim City“ oder „Civilization“
zumindest ein wesentlicher Aspekt.
Das Medium konterkariert diese Inhalte dabei in besonderer Weise. Bücher
aus Papier sind zwar, so umweltfreundliche Sätze darin auch geschrieben
stehen mögen, aus abgeholzten Bäumen hergestellt, aber sie zu lesen
macht dieses Papier als Holzprodukt jedenfalls taktil erfahrbar. Film
ist nur mithilfe technischer und insofern unnatürlicher Apparaturen
produzier- und rezipierbar, aber er nimmt zunächst jedenfalls genau die
Lichtstrahlen auf, die sich während der Aufnahme natürlicherweise in das
Material eingeschrieben haben. Software läuft dagegen als das, was
programmiert, und demnach berechnet wurde, nur auf Hardware, der sich
nicht so unvermittelt eine Naturnähe ablesen lässt.
Der Vortrag geht der Frage nach, inwieweit sich dennoch auf
medientechnischer Ebene eine Korrespondenz zwischen Inhalt und Botschaft
eines Computerspiels zum Thema Umweltschutz erkennen lässt. Ist das
Programm selbst als Ökosystem mit einem fragilen Klima analysierbar?
Kann diese laufende Software aus dem Gleichgewicht gebracht werden, gar
einer Umweltzerstörung anheimfallen? Oder stellt sich unfehlbar eine
Balance her, die nur durch Beenden der Software beendet, aber nicht
reorganisiert werden kann? Handelt es sich um einen Akteur in
Wechselwirkung mit einer Bevölkerung, und welche wäre das?
Unterscht wird das im Auftrag der Bundesregierung hergestellte
Strategiespiel „No Future?“, für das Interessierten nahegelegt wird, es
zuvor unter www.egosoft.com/download/other/files/noFUTURE.rar vom Server
des Herstellers herunterzuladen und auszuprobieren.

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Musik­wissen­schaft und Medien­wissen­schaft | Medienwissenschaft |  ↳ Medientheorien | Kolloquium | Stefan Höltgen: Little Data. Fraktale Bildkompression: Von einer netzhistorischen Miszelle zum medienstrukturellen Bruch (Vortrag)

Stefan Höltgen: Little Data. Fraktale Bildkompression: Von einer netzhistorischen Miszelle zum medienstrukturellen Bruch (Vortrag)

  • Wann 29.11.2017 von 18:00 bis 20:00
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In der Frühphase des Internets für Privathaushalte, in der die Nutzer über analoge Telefonanschlüsse, gerüstet mit Modem-Übertragungsraten von bestenfalls 56 kBit/Sekunde, ihre Computer online brachten, war Zeit ein kostbares Gut: Insbesondere, wenn Multimedia-Inhalte (zumeist farbige Bilder) über das Netz herunter geladen werden sollten, wurde es schnell teuer, denn große Datenmengen verursachten lange Ladezeiten und damit hohe Telefonosten. Die Frage war also, wie sich solche Datenmengen verkleinern ließen, ohne auf Multimedia-Inhalte verzichten zu müssen. Das 1988 von Michael Barnsley und 1988 Alan Sloan entwickelte Verfahren der fraktalen Bildkompression reüssierte in diesem Zeitraum (Mitte bin Ende der 1990er-Jahre) zusammen mit anderen Anwendungsfällen der Fraktaltheorie in Medizin, Technik und Ökologie und erwies sich als für das Problem praktikable Lösung. Anders als zeitgenössische verlustbehaftete (GIF, JPG) oder verlustfreie (PNG, BMP) Bild-Kompressionsverfahren lässt sich fraktale Bildkompression (FIF) als „zerstörerische Kompression“ bezeichnen, denn sie beruht auf einer prozeduralen Bildneuerstellung und ähnelt daher Wavelets oder Ideen wie der „kontinuierlichen Digitaltechnik“ (Völz). Dass sie mit der Verbreitung von DSL wieder verschwand, macht sie zu einem interessanten medienempistemischen Ding, denn sie zeigt auch, wie sich das Denken über und der Wert von Daten verändert hat. Im Vortrag soll, nachdem eine kurze Einführung in die Theorie der Fraktale (Dimension, Selbstähnlichkeit, Iteration) rekapituliert wird, das Verfahren (affine Abbildung) vorgestellt und in einem Experiment vorgeführt werden. Der von Klaus Mainzer 2015 formulierte Widerstreit zwischen Daten- und Theorie-geleiteter Forschung soll in einer medienepistemoloigschen Betrachtung - und am Beispiel von fraktaler Bildkompression - als ein Strukturelement von Medienwissenschaft aufgehoben werden.

 

Im Anschluss des Vortrags wird der neu erschienene Band „Medientechnisches Wissen“, herausgegeben von Stefan Höltgen mit Beiträgen vom ihm und Horst Völz feierlich vorgestellt. Die Anwensenden sind hierzu auf ein Glas Sekt eingeladen.