Humboldt-Universität zu Berlin - Musikwissenschaft

Julius Korngold

Atonale Götzendämmerung. Kritische Beiträge zur Geschichte der Neumusik-Ismen (Wien 1938). Faksimile-Edition (Erstveröffentlichung) mit Vorwort und Anmerkungsapparat, hrsg. von Oswald Panagl und Arne Stollberg, unter Mitarbeit von Lukas Michaelis

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Julius Korngold zählt zu den bemerkenswertesten, sicher auch problematischsten Erscheinungen der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Als Nachfolger Eduard Hanslicks bei der Neuen Freien Presse (Wien) einer der wichtigsten und einflussreichsten Kritiker seiner Zeit, erbitterter, ja fanatischer Gegner der "Wiener Schule" und aller Tendenzen der "Neuen Musik", wurde ausgerechnet er 1897 zum Vater eines komponierenden Wunderkindes: Für Erich Wolfgang Korngold war diese Konstellation kaum ein Segen, eher ein Fluch, musste er sich doch publizistisch als Gegenfigur zur musikalischen Avantgarde inszenieren lassen, lebenslang, mit allen daran geknüpften Konsequenzen und Konflikten, im Bann eines ästhetischen Über-Ichs stehend, dessen Einfluss auf sein Schaffen nicht hoch genug zu veranschlagen sein dürfte.
Umso dringlicher ist es, jenen weitgehend aus Konzertrezensionen zusammengestellten Band, mit dem Julius Korngold 1938 die Summe seiner journalistischen Tätigkeit zu ziehen gedachte, nach 80 Jahren endlich publik und einer kritischen Lektüre zugänglich zu machen, als wichtige Quelle für die Rezeptionsgeschichte der "Neuen Musik" wie für die Erforschung des Œuvres von Erich Wolfgang Korngold. Habent sua fata libelli: Die Veröffentlichung der Atonalen Götzendämmerung sollte im Wiener Verlag Doblinger erfolgen, wurde aber buchstäblich in letzter Minute durch den "Anschluss" Österreichs und die erzwungene Emigration Julius Korngolds in die USA verhindert. Das Buch galt lange Zeit als verschollen, bis 2002 bei Doblinger eine Korrekturfahne mit handschriftlichen Eintragungen des Autors ans Licht kam.
Die geplante Edition wird diese Korrekturfahne als Faksimile präsentieren und mit einem detaillierten Anmerkungsapparat ergänzen, der die in den Band eingegangenen, dort aber nicht nachgewiesenen Zeitungsartikel genau lokalisiert und somit kenntlich macht, wie Julius Korngold den anlassgebundenen Tagesjournalismus durch redaktionelle Eingriffe in allgemeines ästhetisches Räsonnement verwandelte. Die ausführliche Einleitung durch die beiden Herausgeber soll den historischen Kontext aufspannen, Julius Korngolds Schreiben unter ästhetischen, stilistischen und kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten erörtern sowie den Bezug des Buches zur Musik und Musikanschauung Erich Wolfgang Korngolds reflektieren. Das Erscheinen des Bandes ist für 2019 geplant.

Projektmitarbeiter (Anmerkungsapparat): Lukas Michaelis