Humboldt-Universität zu Berlin - Musikwissenschaft

Systematische Musikwissenschaft

Systematische Musikwissenschaft, musikalische Grundlagenforschung

 

Die Systematische Musikwissenschaft stellt seit ihrer Entstehung und Institutionalisierung im deutschen Sprachraum einen der Kernbereiche der Musikwissenschaft dar. Dabei nimmt sie die Rolle musikalischer Grundlagenforschung ein. – Diese Rolle wurde bereits 1961 von dem Musikwissenschaftler Walter Wiora der Systematischen Musikwissenschaft zugeschrieben.

Eine musikalische Grundlagenforschung soll den verschiedensten Aspekten eines als „Musik“ bezeichneten Phänomens gerecht werden. In den Lehrveranstaltungen der Systematischen Musikwissenschaft werden daher jene auch für andere Lehrgebiete der Musikwissenschaft grundlegenden Forschungsfragen vermittelt, die nicht nur in der Musikwissenschaft, sondern auch in der gegenwärtigen interdisziplinären Musikforschung von Bedeutung sind, wie z. B. wie Musik Emotionen ausdrücken bzw. evozieren kann, ob bzw. inwieweit Musik und Sprache gemeinsame kognitive Funktionen haben und inwieweit dem Phänomen Musik eine fundamentale Rolle u. a. auch für die Konstitution des menschlichen Bewusstseins – in Form von vorprädikativer Erfahrung sowie sozialer Interaktion und Koordination – zugeschrieben wird. Dabei wird zugleich angestrebt, die wissenschaftlichen Ansätze zur Erforschung der behandelten Themen und die vorliegenden Ergebnisse insbesondere der kognitionswissenschaftlich orientierten Musikforschung auf den aktuellsten Stand zu bringen.

Außerdem werden an der Humboldt-Universität zu Berlin anwendungsorientierte sound- und medientechnologische Forschungsansätze – insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung der digitalen Technologien – verstärkt, die sowohl für die Untersuchung von elektroakustischer Musik, Computermusik, Interaktiver Musik, Klangkunst und Neuer Medienkunst als auch für die kognitionswissenschaftlich orientierte Musikforschung von Relevanz sind. Dafür wurde ein Arbeitsraum für Musiktechnologie, Aisthesis und Interaktion (TAIM) eingerichtet.

Methodisch zeichnen sich Ansätze der Systematischen Musikwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin dadurch aus, die für eine musikalische Grundlagenforschung zentralen Forschungsfragen, die medientheoretisch, kognitionswissenschaftlich und philosophisch ausgerichtet sind, mit empirischen Methoden sowie sound- und medientechnologischen Praktiken in Verbindung zu bringen.

 

Die Themenfelder der Lehre gliedern sich in:

 

a. Einführung in die Systematische und Kognitive Musikwissenschaft: eine regelmäßig wiederholte Lehrveranstaltung für das Grundlagenmodul im BA-Studiengang

b. Konzeptualisierungen von Musik, in der verschiedene Konzeptualisierungen von Musik vermittelt werden und zugleich eine neue Konzeptualisierung von Musik als nicht-repräsentationales Embodiment erarbeitet wird

c. Aktuelle Themenfelder der gegenwärtigen musikalischen Grundlagenforschung: Musik und Musikalität; Musik und Gehirn; Musik und Emotion; Musik und Sprache; Musik und Tanz; Musik und Gestik; Formen musikalischer Interaktion

d. Musikalische Aisthesis und Musik-Erleben: Systematische Musikphilosophie und -ästhetik; Analyse musikalischer Gestaltungs- und Rezeptionsprozesse; Musik-Erleben im Prozess musikalischer Performance und Interaktion

e. Methodik empirischer Musikwissenschaft: Beobachtung; Interview; Experiment; insbesondere Methodik der Experimentellen Phänomenologie (z.B. Neurophänomenologie)

f. Musik und Neue Medien: Sound- und Medientechnologien (Musikinformatik und musikalische Akustik); Computermusik und Klangkunst; digitale interaktive Musik und Medienkunst; musikalische Mensch-Maschine-Interaktion