Humboldt-Universität zu Berlin - Musikwissenschaft

Niklas Meier

Geräuschartige Komponenten musikalischer Signale als musikalische Ausdrucksmittel und ihr Zusammenhang mit Listener Arousal


Das Projekt legt den Fokus auf geräuschartige Komponenten als Folge von Modulationsverzerrungen mit spektral breitbandig auftretenden inharmonischen Verzerrungsprodukten, die der Interpret innerhalb einer musikalischen Kommunikationssituation willkürlich als musikalische Expressivmittel mobilisieren kann (z. B. exaltierte Stimm- und Spieltechniken wie das sogenannte „Growling" bei Blasinstrumenten oder im Gesang). Vorkommen und Ausprägung solcher Phänomene sollen im Zusammenhang mit der Arousal des Rezipienten untersucht werden, einem Zustand erhöhter psychophysiologischer Aktivierung, der mit gesamtorganismischen Veränderungen einhergeht, welche auf eine Erhöhung der Leistungs- und Konfrontationsbereitschaft des Organismus abzielen. Zu diesem Zweck verfolgt das Projekt eine empirisch-theoretische Doppelstrategie: Im Rahmen einer experimentellen Studie werden zentralnervöse und peripherphysiologische Parameter sowie Selbsteinschätzungen von Versuchspersonen erfasst, die vorproduzierten, sich lediglich hinsichtlich des Anteils ihrer geräuschartigen Signalkomponenten unterscheidenden musikalischen Stimuli ausgesetzt sind. Die Ausprägung der geräuschartigen Anteile der Stimuli wird durch die Extraktion geeigneter Audio Features quantifiziert und auf eine Korrelation mit den Messergebnissen hin überprüft. Die theoretische Kontextualisierung der so gewonnenen Ergebnisse erfolgt durch Rückführung eines möglichen Effekts auf phylogenetisch alte kommunikative Verhaltensweisen von Menschen und anderen terrestrischen Säugetieren, in deren Zuge geräuschhafte Vokalisationen in Gefahren- oder agonistischen Situationen als Warn- oder Aversionslaute produziert werden. Dabei stehen kommunikationstheoretisch-semiotische und kognitionswissenschaftliche Ansätze im Vordergrund. Mit dem Vorhaben wird der Zweck verfolgt, empirische Evidenz für die psychophysiologische Wirkung einer akustischen Qualität musikalischer Ereignisse zu erbringen, somit ein Desiderat der rezenten musikpsychologischen Arousal-Forschung zu erfüllen und darüber hinaus das Verständnis für einen phylogenetisch bedingten, transkulturellen Modus der Produktion und Rezeption affektiv codierter musikalischer (sowie ferner generell akustisch-kommunikativer) Signale zu vertiefen.

 

Stipendien


Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes zwischen 2020-2022