Humboldt-Universität zu Berlin - Musikwissenschaft

Frechheit, Unverstand und Laster! Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny in Berlin 1931 und 2025

Symposion am 21./22. Juni 2025 in der Deutschen Oper Berlin

 

Am 21. Dezember 1931 ging im Theater am Kurfürstendamm die Berliner Erstaufführung von Bertolt Brechts und Kurt Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny über die Bühne. Die Zeiten waren bewegt, politisch und künstlerisch gleichermaßen: Die Spannungen zwischen den radikalen Kräften an den Rändern der Weimarer Republik ließen sich mit Händen greifen; die legendäre Kroll-Oper unter Otto Klemperer musste unter dem Beschuss der rechten Parteien, denen die dort gepflegte Moderne ein permanenter Stein des Anstoßes war, im Juli 1931 ihre Pforten schließen. Dabei hatte ausgerechnet Klemperer 1929 die Uraufführung von Mahagonny wegen der „Kraßheit“ des Stückes abgelehnt. Erst der Dreigroschenoper-Initiator Ernst Josef Aufricht brachte das Stück nun in privater Initiative nach Berlin, wobei er den ehemaligen Kroll-Dirigenten Alexander Zemlinsky für die musikalische Leitung und Caspar Neher für Regie und Bühnenbild engagierte. Statt mit Sängerinnen und Sängern wurde die Produktion fast ausschließlich mit Schauspielerinnen und Schauspielern besetzt, was Weill zu Umarbeitungen zwang und bei den Proben entsprechende Auseinandersetzungen mit Brecht provozierte. Dennoch kam die Inszenierung bis Frühjahr 1932 auf nahezu fünfzig Vorstellungen – einer der letzten großen Theatererfolge der Weimarer Republik, bevor 1933 die große Zeitenwende folgte.

Auch heute wird wieder viel von einer Zeitenwende geredet. Damit steht die Aktualität des Stückes erneut auf dem Prüfstand: Hat Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny in Resonanz mit den politischen Gegebenheiten noch dasselbe Skandalisierungspotential wie 1931, oder ist Brechts „berlinisch kesser Anrempelung des Kapitalismus“ (so Hugo Leichtentritt in seiner Rezension für die Zeitschrift Die Musik) mittlerweile ihr Stachel abhandengekommen?

Diesen und anderen Fragen möchte das Symposion am 21. und 22. Juni 2025 an der Deutschen Oper Berlin nachgehen.

Weitere Informationen sowie kostenlose Eintrittskarten finden Sie hier.

 


 

Samstag, 21. Juni 2025

10.00 – 10.45 Uhr
Patrick Primavesi (Leipzig)
„Auf nach Mahagonny!“
Die Zusammenarbeit von Brecht und Weill an einer „neuen Oper“

 

10.45 – 11.30 Uhr
Morten Grage (Berlin)
Auf dem Weg zur „idealen Form des musikalischen Theaters“
Mahagonny-Fassungen zwischen Songspiel und Oper

 

Kaffeepause

 

11.45 – 12.30 Uhr
Johannes C. Gall (Frankfurt am Main)
Ware, Parodie, Gestus, Form
Konzepte der epischen Oper im neunten Bild von Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny

 

Mittagspause

 

14.30 – 15.15 Uhr
Tobias Robert Klein (Stuttgart)
Kroll oder Kudamm, Song- oder Singspiel?
Mahagonny, Berlin und die Tradition des Theatergesangs

 

15.15 – 16.00 Uhr
Laura-Maxine Kalbow (Hamburg)
Anwalt der Moderne
Alexander Zemlinsky als Weill-Dirigent

 

 

Sonntag, 22. Juni 2025

11.00 – 11.45 Uhr
Stefanie Mathilde Frank (Köln)
Der Bühnenbauer als „ingeniöser Erzähler“
Caspar Nehers Arbeit mit Bertolt Brecht

 

11.45 – 12.30 Uhr
Alina Bernholt (Berlin)
„Salonkommunismus“, „Zustandsfermaten“ und „Entoperung“
Zur Presserezeption der Berliner Erstaufführung von Brechts und Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (1931)

 

Mittagspause

 

14.00 – 15.00 Uhr
Stephen Hinton (Stanford / CA, USA)
„Die Liebenden“ in Mahagonny
Zur Entstehung und Bedeutung des Kraniche-Duetts

 

15.00 – 16.00 Uhr
Podiumsdiskussion
mit Camilla Bork, Dörte Schmidt, Arne Stollberg u. a.