Humboldt-Universität zu Berlin - Medienwissenschaft

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Katja Gierschner: "Ein medienarchäologischer Blick auf Überwachungstechniken" (Magisterarbeit)

  • Wann 13.02.2013 von 18:00 bis 20:10
  • Wo Georgenstraße 47, R. 0.01 (Medientheater)
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Veränderungen von epochalem Ausmaß kennzeichnen unsere Gegenwart. Dieser Umbruch ist nahezu ausschliesslich den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien geschuldet. Vor allem Computer und elektronische Datennetze feilen an der Signatur eines neuen Zeitalters und leiten eine neue Epoche der Menschheit ein (Rudolf Kjellén).

Überwachung und Kontrolle, die ehemals dem audiovisuellen Bereich angehörten, verwandeln sich nun in eine "Dataveillance", welche dem physischen Körper, dem vordem die Überwachung galt, in einen "virtual body" verwandelt - ein Datenmuster, das nur noch metaphorisch als "visuell" bezeichnet werden kann. Überwachung hat nicht mehr nur etwas mit Kriminalität zu tun, sondern ist zu einem Werkzeug geworden, mit dem sehr unterschiedliche Ziele verfolgt werden können. Der Computer hat die technologischen Überwachungspraktiken zu Überprüfungs- und Steuerungsinstrumenten verwandelt. Traditional suveillance diente immer der Kontrolle einzelner Personen und kleiner Gruppen, die new surveillance der Überprüfung von Kategorien, Mustern und Gruppen.

New surveillance ist durch einen Feedback-mechanismus und einer Konzeption von Zeit gekennzeichnet, deren Ursprung in der Kybernetik liegt. In der Kybernetik wird Zeit nicht in der Identität einer Präsenz gefasst, sondern in der Modalität einer Zukunft. Die daraus resultierenden Utopien geben einen Einblick in die Vergänglichkeit von "imaginären Standorten" (Hans Blumenberg) einer jeden Epoche.

Durch Medienarchäologie wird ein differenzierteres Verhältnis zur allgegenwärtig propagierten Überwachungsgesellschaft möglich. Was waren die Möglichkeitsbedingungen für Facerecognition oder Dataveillance, was bereitete den Grund für die große gesellschaftliche Akzeptanz der Überwachungsmedien? Was waren die jeweiligen Hoffnungen und wurden diese Hoffnungen erfüllt? Welche Rolle spielen Datenbanken? Dies soll anhand der Bertillonage, der Videoüberwachung und deren Speicherung und Übertragung, also deren Medien und ihrem Zeitverhalten, beispielhaft dargelegt werden.

Schlussendlich soll, falls der zeitliche Rahmen eines Kolloquiums nicht gesprengt wird, ein Ausblick gegeben werden, inwiefern sich RFID Technologie, der sog. Funk- oder Spy-chip, ontologisch von anderen Medien der Überwachung / Steuerung unterscheidet. Auch dies unter zeitkritischem Gesichtspunkt.

 

Lektüre: Hagner, Michael und Hörl, Erich (Hrsg.): Die Transformation des Humanen. Beiträge zur Kulturgeschichte der Kybernetik. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2008.

Virilio, Paul: Die Sehmaschine. Merve Verlag, Berlin, 1989

Rosol, Christoph: RFID. Vom Ursprung einer (all)gegenwärtigen Kulturtechnologie. Kulturverlag Kadmos, Berlin, 2007.

 

Zur schnellen Vorbereitung: "Auf Nummer sicher", kleines Fernsehspiel ZDF http://www.youtube.com/watch?v=5Y264bgOj6Q

Bertlillonage http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2006/0124/008_din.jsp

Videoüberwachung zu Bilddatenbanken: "Video AnnEx Annotation Tool": http://www.research.ibm.com/VideoAnnEx/

New Glasses Block Facial Recognition Cameras from Identifying you: http://www.youtube.com/watch?v=EP2_f8zqNU8

How to fool facial recognition: http://www.youtube.com/watch?v=VSKqB-v5_Cw

RFID The shocking truth about RFID chip implants: http://www.youtube.com/watch?v=w9ZAc8KWhlk

 

Datenbank: Big Data - BI der nächsten Generation (Computerbild Dez. 2012) http://www.computerwoche.de/a/big-data-bi-der-naechsten-generation,2505617