Humboldt-Universität zu Berlin - Medienwissenschaft

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Eusebia Flamm: Health Apps und die Kybernetisierung des Menschen (Masterarbeit)

  • Wann 23.01.2019 von 18:00 bis 20:00
  • Wo Medientheater (EG, Raum 0.01)
  • iCal
Mobile Health (kurz mHealth) liegt im Trend. Der an der Schnittstelle von Gesundheitsfürsorge und IKT (Informations- und Kommunikationstechnik) zu verortender Sektor stellt unterschiedliche Anwendungen bereit, welche auf mobilen und kommunikationsfähigen Endgeräten, wie beispielsweise Smartphones/ Tablets und Smartwatches (Wearables), gesundheitsbezogene Leistungen offerieren. Sogenannte Health(care)-Apps prozessieren personenbezogene Daten und bieten dem Endverbraucher (User) die Möglichkeit zur Beobachtung und Analyse der eigenen Gesundheit und Fitness.
Wind in den Segeln von Health-Apps sind unter anderem die immer weiter und rasanter wachsenden Datenmengen. Big Data ist hier das Stichwort. Sämtliche Vitaldaten bekommen eine völlig neue Bedeutung, wenn sie in unterschiedliche Kontexte gesetzt und mit anderen Daten kombiniert und korreliert werden. So können die individuellen Daten eines Nutzers beispielsweise in Zusammenhang mit aus den Vitaldaten anderer User generierten Mustern/ Profilen und Archetypen betrachtet und in diese eingeordnet werden.
Zusammen mit anderen (externen) Informationen wie Geo- oder Klimadaten können Vitaldaten zudem zu umfassenden Gesundheitsdaten aggregiert werden.
Durch das Zusammenspiel von (Big) Data, High-Tech und stetig steigender Rechnerkapazität (Stichwort: Moore’sches Gesetz) hat die Beziehung von Mensch und Maschine neue Form und Qualität angenommen. Nie zuvor waren menschlicher und technischer Apparat so eng gekoppelt wie heute. Smartphones und andere mobile Endgeräte stehen somit in einem intimen Verhältnis zum Anwender und dessen Körper. Insbesondere Apps aus den Bereichen Healthcare und Fitness zeigen, wie stark verzahnt der Mensch, seine Umwelt und der Computer bereits sind und welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen.
 
In Hinblick auf die Kybernetik als Medientheorie sind Health-Apps spannend, da sie die Fragen nach der Regelung neu stellen. Wer regelt wen? Wie lässt sich der kybernetische Regelkreis auf Health Apps und deren Nutzung übertragen?
Zudem basieren mobile Health Lösungen auf einem zutiefst kybernetischen Menschenbild. Der Mensch mit seinen körperlichen sowie geistigen Funktionen ist ein dynamisches und störanfälliges System, welches ebenso wie technische Apparate regelbar ist.
Im Fall von Health Apps wird das System Mensch bzw. dessen Teilsystem beobachtet, um dann Aussagen über Zusammenhänge von Situationen und Verhaltensweisen und gesundheitlichen Zuständen machen zu können. Im Idealfall liefern die Apps dann auch
gleich noch Lösungen, um diese Störungen zu beseitigen oder zu bewerkstelligen. “Disease Management” ist hier das hoch kybernetische Stichwort.
Darüber hinaus liefert die Kybernetik ein Denkmodell, das den Menschen und seine technische Umwelt gleichzeitig erfasst. Kybernetik beschäftigt sich also primär auch mit dynamischen Systemen, die sowohl aus Mensch als auch aus Maschine bestehen, sogenannten Mensch-Maschine-Systeme. Health Apps lassen sich als solche Systeme identifizieren und sind somit spannender Gegenstand für eine medienwissenschaftliche Betrachtung unter kybernetischen Gesichtspunkten.
 
Erstgutachter: Dr. Wolfgang Ernst
Zweitgutachter: Dr. Jan Claas van Treeck