Humboldt-Universität zu Berlin - Medienwissenschaft

Simon Ritter: "Diskursmaschinen? Von twitternden Social Bots" (Master-Arbeit)

  • Wann 11.01.2017 von 18:00 bis 20:00
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Digitale Dreckschleudern nannte sie der Spiegel und die FAZ sprach von automatisiertem Hass – derzeit schlägt sich auch in der Mainstreampresse die Diskussion um millionenfach verbreitete Social Bots nieder. Diesen Programmen, die beispielsweise auf Twitter oder Facebook Beiträge veröffentlichen wird unterstellt, dass sie durch ihre Postings großen Einfluss auf öffentliche Debatten haben, gar Konflikte anheizen und Wahlen manipulieren können. Die derzeit noch oft verwendeten – recht simpel funktionierenden – Social Bots setzten dabei automatisch vorprogrammierte Antworten auf ebenfalls vorher spezifizierte Hashtags und Accounts. Man könne davon ausgehen, dass bis zu 20 Prozent der Accounts bei Twitter keine Menschen repräsentieren, sondern sich Bots als Menschen ausgeben – und dies oftmals verschleiern, so Prof. Hegelich von der TU München. Vom Ukrainekonflikt über den Brexit bis zur US-Wahl, so zeigen diverse Studien, war Kommunikation in den sozialen Netzwerken, vor allem bei Twitter, beeinflusst durch die Aktivität von Bots. 

 
Obwohl die Auswirkungen des Bot-Einsatzes auf das Abstimmungs- oder Wahlverhalten von Bürgern nach Howard und Kollanyi noch nicht geklärt ist wird deutlich, dass Bots den politischen Diskurs im Sinne Habermas’ – also idealiter hierarchiefrei zur Aushandlung, Vermittlung und Legitimierung von Politik – massiv unterlaufen. Hoffnungen auf eine digitale Agora zerschlagen sich. Vielmehr scheinen Bots aber substanziell den Diskurs im Sinne Foucaults zu beeinflussen.
 
Meine Masterarbeit soll der Frage nachgehen, inwiefern Twittbots demnach nicht-diskursives Dispositiv sind, das auf den Diskurs wirkt, oder ob die Software eine neue Qualität erreicht. Sind Social Bots also bereits eigenständige Diskursteilnehmer oder könnten sie es werden, sozusagen Diskursmaschinen? Und weitergedacht: Können Bots dazu dienen, staatskybernetisch die Gesellschaft zu steuern? Dazu soll die Funktionsweise demonstriert und der derzeit volatile Forschungsstand abgebildet werden.