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Salome Belkania: Was ist ein digitales Archiv? Eine medienarchäologische Analyse am Beispiel des "Internet Archives" [Masterarbeit]

  • Wann 20.04.2022 von 18:00 bis 20:00
  • Wo Medientheater, Raum 0.01, Georgenstraße 47, 10117 Berlin Online via Zoom
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Abstract:

In dieser Masterarbeit wird die Geschichte der Archive untersucht mit dem Fokus auf das digitale Archiv. Um die digitalen Archive zu analysieren, wird zuerst das Phänomen vom analogen Archiv erforscht. Als Forschungsmethode wird die medienarchäologische Methode verwendet, denn dadurch wird die Geschichte der Archive besser geschildert.
Das Wort “Archiv” hat lateinische Wurzeln - archivum ‚Aktenschrank‘; aus altgriechisch ἀρχεῖον archeíon ‚Amtsgebäude‘. Es wird von verschiedenen Autoren und Forscher unterschiedlich definiert, eine der Definitionen wird wie folgt erklärt: „Archives are spaces where power is negotiated, contested, and ultimately consolidated. They are characterized as much by the materials they include as by those they do not as well as the injustices that such exclusions threaten to reproduce.”
Um das Thema mit konkreten Fällen zu verdeutlichen, wird als Beispiel für das digitale Archiv “Das Internetarchiv” genommen. Damit die Form, Struktur und der Inhalt vom digitalen Archiv besser geschildert wird, wird auch ein Beispiel für das analoge Archiv genommen nämlich “Deutsches Literaturarchiv Marbach”. Der Grund dafür ist die Geschichte dieses Archivs. In dieser Masterarbeit werden nicht nur der Begriff und das Phänomen vom digitalen Archiv geschildert, sondern ein Teil wird sich auch mit dem technischen Aspekt beschäftigen.


Analoge und digitale Archive haben natürlich auch viele Gemeinsamkeiten und oft sind die Merkmale, was in einem analogen Archiv eine analoge Form und Struktur haben, bei einem digitalen Archiv in einer digitalen Form und Struktur vorhanden. Archive sind das dokumentarische Nebenprodukt menschlicher Tätigkeit, das wegen seines langfristigen Wertes aufbewahrt wird. Es handelt sich um zeitgenössische Aufzeichnungen, die von Einzelpersonen und Organisationen im Rahmen ihrer Tätigkeit erstellt werden und somit einen direkten Einblick in vergangene Ereignisse bieten. Sie können in einer Vielzahl von Formaten vorliegen, z. B. in schriftlicher, fotografischer, bewegter Bild- und Tonform, digital und analog. Archive werden von öffentlichen und privaten Einrichtungen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt unterhalten.
Archive haben bestimmte Merkmale und damit die für die Gesellschaft von Wert sind, müssen sie eine vertrauenswürdige Ressource sein. Um dies zu erreichen, müssen sie die folgenden Eigenschaften aufweisen: Authentizität - die Aufzeichnung ist das, was sie zu sein vorgibt, erstellt zum dokumentierten Zeitpunkt und von der Person, von der das Dokument angeblich erstellt wurde. Verlässlichkeit - sie geben das Ereignis genau wieder, wenn auch aus der Sicht der Person oder Organisation, die das Dokument erstellt hat. Integrität - der Inhalt ist ausreichend, um ein kohärentes Bild zu vermitteln. Leider sind nicht alle Archive vollständig.


Benutzbarkeit - das Archiv muss an einem zugänglichen Ort und in einem benutzbaren Zustand sein. 
Archive haben mehrere Eigenschaften, sie werden nur dann aufbewahrt, wenn sie als von langfristigem historischem Wert angesehen werden. Dies kann schwer zu beurteilen sein, aber es bedeutet, dass Archivsammlungen nicht jedes jemals geschaffene Dokument enthalten und auch nicht enthalten können. Sie werden nicht bewusst als historische Aufzeichnungen angelegt. Ihre Stärke liegt darin, dass sie eine zeitgeschichtliche Aufzeichnung sind und im Lichte der Frage betrachtet werden müssen, wer das Dokument verfasst hat und warum. Dokumente müssen nicht "alt" sein, um ein Archiv zu sein, sie werden nur nicht mehr für den Zweck benötigt, für den sie erstellt wurden. Es gibt eine Vielzahl von analogen und digitalen Medien - nicht nur Papierdokumente. Archive umfassen schriftliche Dokumente, elektronische Ressourcen (einschließlich Websites und E-Mails), Fotos und Filme sowie Tonaufnahmen.
Mittlerweile bedeutet "Archiv" in verschiedenen Kontexten eine Menge unterschiedlicher Dinge. Er kann so viele verschiedene Dinge bedeuten, dass einige in der digitalen Bewahrung zögern, den Begriff als Ganzes zu verwenden. In vielen verschiedenen Kontexten hat der Begriff Archiv ein erhebliches Gewicht. Mit dem Begriff verbinden sich oft Vorstellungen von Langlebigkeit, sicherer Aufbewahrung, Ordnung und Authentizität, es geht um Gegenstände oder Aufzeichnungen, die aus gutem Grund zusammenhängen. In einem organisatorischen Kontext ist ein Archiv oft die Stelle in der Organisation, die Aufzeichnungen der Organisation aufbewahren und organisieren muss. So muss ein Radiosender, ein Krankenhaus oder ein Finanzdienstleistungsunternehmen aus verschiedenen Gründen (Rechtsstreitigkeiten, Steuerzwecke, Nachweltschutz, Einhaltung von Vorschriften usw.) Kopien von Aufzeichnungen über seine Tätigkeit vorhalten. In diesem Fall dient das Archiv dem Zweck, Aufzeichnungen und Materialien für die Nutzung durch die Organisation zu organisieren und aufzubewahren. In diesem Fall besteht ein großer Teil der Arbeit eines Archivs darin, sicherzustellen, dass nur das aufbewahrt wird, was für bestimmte zukünftige Verwendungszwecke als nützlich erachtet wird. Archivare verwenden den Begriff Archiv unter anderem, um eine bestimmte Art von Sammlung zu beschreiben. Was es zu einem Archiv macht, ist die Tatsache, dass die Gegenstände und Aufzeichnungen in der Sammlung "Bestände" darstellen, eine besondere Bezeichnung für eine Sammlung, die das Ergebnis der fortlaufenden Arbeit einer Person oder Organisation ist.
Wir kennen den Begriff “Archiv” auch aus einem Kontextmenü im Computer. In vielen Betriebssystemen kann man einfach mit der rechten Maustaste auf ein Dateisymbol klicken und dann auf "Zum Archiv hinzufügen" oder "Archiv erstellen". In diesen Fällen bedeutet der Begriff "archivieren" in Anlehnung an die allgemeine Verwendung des Begriffs im Computerbereich, dass man die Datei in eine Art komprimierte Containerdatei packt. In diesem Sinne ist der Begriff “Archiv” weitgehend mit dem Begriff "Backup" verbunden. Die archivierte Kopie dieser Dateien ist zwar etwas schwieriger zu erreichen, aber sie steht uns dennoch zur Verfügung.


Ein digitales Archiv (auch Datenarchiv genannt) ist in der Regel ein Informationssystem, dessen Ziel es ist, verschiedene digitale Ressourcen zu speichern und sie einem definierten Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Inhaltlich und technisch wachsen digitale Archive zusammen mit digitalen Bibliotheken und digitalen Museen, weshalb der Begriff Gedächtnisinstitution auch als Sammelbegriff verwendet wird. Wie in anderen Bereichen, die mit dem Begriff der digitalen Revolution bezeichnet werden, bringt das Aufkommen der digitalen Technologie viele Veränderungen in der Welt der Archive mit sich.
Digitale Archive im weiteren Sinne umfassen alle Arten von digitalen Sammlungen, einschließlich Musik- und Videoarchive. Digitale Archive im engeren Sinne versuchen, die Bestände eines traditionellen Archivs zumindest teilweise abzubilden. Die Variante der virtuellen Archive oder Archivportale tut dies auf eine neue Art und Weise: Virtuelle Archive lagern in der Regel nicht ihr eigenes Archivgut, sondern arbeiten mit den Beständen anderer Archive. Dadurch ist es beispielsweise möglich, mehrere Bestände zu einem zusammenzuführen. Virtuelle Archive stellen also das digitale Archivgut in einen neuen Kontext, während digitale Archive die Originalarchive ganz oder teilweise kopieren.
Digitale Archive können sehr unterschiedlich gestaltet sein. Sie unterscheiden sich z.B. nach Thema, nach Archiveigentümer (z.B. staatlich oder privat), nach Art/Dateiformat des Inhalts (Bilder, Texte, Videos), nach Zugangsmöglichkeit (öffentlich oder nicht öffentlich), nach technischer Struktur, nach Sprache und nach Interaktionsmöglichkeit für die Nutzer (Art der Navigation und Suchfunktion).
Die Arbeit wird sich hauptsächlich damit beschäftigen zu zeigen, wie im Laufe der Zeit die Archive verändert haben, sodass sie sich heutzutage in mehreren Merkmalen nicht mehr überschneiden. Dementsprechend wird die Forschungsfrage der Arbeit wie folgt definiert: Sind digitale Archive Kontinuum von analogen Archiven oder existieren sie unabhängig davon?


Für die medienarchäologische Forschung wird verschiedene Literatur verwendet. Ein breites Spektrum an medientheoretischen Arbeiten beschäftigt sich mit dem Begriff "Archiv", z.B. Michele Foucault in “Die Archäologie des Wissens", oder Derridas Perspektive in “Archivfieber” sowie Friedrich Kittlers und Wolfgang Ernsts Vorstellungen von Archiven in Medienarchäologie. In den meisten dieser Arbeiten geht es weniger um die Vorgänge in einem einzelnen Archiv als vielmehr um die Rolle des "Archivs" in der Gesellschaft im Allgemeinen oder um die Idee des "Archivs" als Spuren der Vergangenheit in Objekten. Für Foucault zum Beispiel ist "das Archiv" nicht so sehr ein einzelner Satz von Materialien, sondern ein Begriff für die Gesamtheit der historischen Aufzeichnungen/Beweise, mit denen man arbeiten kann. Z.B. Jacques Derridas Mal d'Archive ist über den Drang, Aufzeichnungen zu führen, als einen Prozess, der die Verdrängung alternativer Geschichten und Versionen der Vergangenheit mit sich bringt. Es ist ein weiterer Katalysator für die kritische Auseinandersetzung. Indem die Archive als Metapher für die Matrizen behandelt werden, die die dominanten Diskurse unserer Kultur enthalten und umrahmen.
In dem abschließenden Teil dieser Arbeit wird versucht, auch die Perspektive der Archive in der Zukunft zu analysieren. Es wird auch der Begriff “Postdigitale” im Sinne von Nachhaltigkeit erwähnt und ob die Archive überhaupt existieren werden und wenn nicht, welche Form und Struktur sie haben werden oder wenn ja, wie werden sie in diesem Fall aussehen?

 

Bitte beachten! Trotz landesweiter Lockerungen besteht während Präsenzveranstaltungen an der Humboldt Universität weiterhin Maskenpflicht. Für eine Teilnahme via Zoom wählen Sie sich bitte ab 17:50 Uhr unter https://hu.berlin/mdwm-kolloquium ein.

Wir bitten um eine kurze Rückmeldung, damit wir die ungefähre Anzahl an Teilnehmenden einschätzen können.

 

Zusätzlich bieten wir auch eine Teilnahme via Zoom an. Bitte wählen Sie sich dafür ab 17:50 Uhr ein. Den Link erhalten Sie auf Nachfrage von Raphael Tostlebe.