Humboldt-Universität zu Berlin - Medienwissenschaft

Stefan Höltgen: "Computer morden leise"

  • Was Kolloquium „Medien, die wir meinen“
  • Wann 16.11.2011 von 18:00 bis 20:00
  • Wo Sophienstraße 22a, R. 0.01 (Medientheater)
  • iCal
Mit dem Eingang der Computertechnologie aus dem militärischen in den zivilen Sektor erreichen Technoskepsis und Technophobie Mitte der 1950er-Jahre einen bis dahin ungekannten Höhepunkt. Das "Denkmonster" oder "Elektronengehirn", wie der Digitalcomputer seit dieser Zeit zugleich als Horrormaschine und anthropomorphe Apparatur gezeichnet wird, beginnt wesentliche Eigenschaften des Menschen zu simulieren: Die dritte industrielle Revolution befreit den Menschen nicht nur von der körperlichen Mühsal von Handwerk und Manufaktur sowie der Eintönigkeit industrieller Fertigung, sondern nunmehr sogar vom Denken. Die daraus erwachsenden Ängste werden durch die Kulturproduktion, allen voran die Science Fiction, aufgegriffen und hyperbolisch verzerrt dargestellt. Schon Mitte der 1950er-Jahre tritt der Computer - noch als eine militärische Cold-War-Maschine stigmatisiert - als ein potenzieller (Massen-)Mörder in Romanen und Filmen in Erscheinung.

Der Vortrag versucht die technologischen Bedingungen dafür herzuleiten und dann an ausgewählten Beispielen der Filmgeschichte diesen Topos in seinen drei Ausformungen zu skizzieren um ihn mit einer zweiten Diskursgeschichte, der des Serienmordes als einer "kalkulierten Todesmaschinerie" engzuführen. Beide Themen verbindet nämlich ein gemeinsamer "Vektor"; der als ein "Eindringen ins Private" skizziert werden kann. Dass die Computertechnologie dabei jedoch eine besonders subtile Vorgehensweise, ererbt aus Kybernetik und Koevolutionstheorie, an den Tag legt, bindet die in den Fiktionen überzeichnete Angstvorstellung zurück an jene Ausgangsfrage, inwieweit diese Maschinen den Menschen nicht bloß ersetzbar machen, sondern sie als moralische Wesen gar beseitigen und in einer "Technokratie der Computer" regelrecht für eigene Zwecke instrumentalisieren könnten.

Vortrag mit Filmbeispielen.